Manchmal ist Kämpfen Pflicht

Kindern bringt er bei, dass jeder nicht stattfindende Kampf ein gewonnener Kampf ist. Dieses Prinzip muss der Karatetrainer Thomas Lamm ab Sonntag über Bord werfen, will er seinen Weltmeistertitel in der schottischen Hauptstadt Edinburgh verteidigen.

Zwischen 45 Minuten und zwei Stunden trainiert Thomas Lamm derzeit täglich auf die Karate-Weltmeisterschaft der WKA (World Kickboxing / Karate Association) in Edinburgh. Hinzu kommen die Trainingsstunden, die der 29-jährige Spraitbacher, der seit zwei Jahren in Täferrot wohnt, Karate-Anfängern gibt. Seit letztem Jahr hat der Sport- und Gymnastiklehrer eine eigene Karateschule. Hauptsächlich Sechs- bis Elfjährige, aber auch eine Teeniegruppe zwischen 13 und 14 Jahren unterrichtet er in Mutlangen (Tanzschule Disam), Durlangen (im Fitnessraum des FC) und in Schwäbisch Gmünd (Fitnessstudio Balance). Dazu kommt seit dieser Woche eine Gruppe in der Abtsgmünder Kochertalmetropole.
Thomas Lamm weiß, wie es ist, als kleines Kind mit Karate zu beginnen. Er selbst hat mit fünf Jahren angefangen und ist seinem Sport, in dem er heute den 3. Dan inne hat, stets treu geblieben – ohne größere Pause. Nebenher hat er zeitweise Fußball gespielt, dazu noch recht erfolgreich mit den B-Junioren des FC Normannia Gmünd. Passend zu seinem Sport: als Verteidiger. Doch als klar wurde, dass er sich für den Erfolg mehr fokussieren werde müssen, entschied er sich für Karate. Darin holte er fortan mehrmals nationale und internationale Titel, im vergangenen Jahr im spanischen Huelva seinen ersten Weltmeistertitel in der Gewichtsklasse bis 85 kg. Netter Nebeneffekt: „Es gab viele Leute, die stolz waren und sich mit mir gefreut haben, viele Einladungen zum Essen“, sagt Lamm. Dazu den Neujahrsempfang der Stadt Schwäbisch Gmünd – „ein gutes Gefühl“. Außerdem fuhr Lamm bei der wohltätigen Tour Ginkgo als „Promi“ mit. „Davor hat es keinen interessiert, ob man in seinem Sport einigermaßen gut ist“, so Lamm. Aber mit einem Weltmeistertitel könne man den Leuten besser helfen.
Und heute gibt er sein Wissen weiter. Der B-Trainer des Deutschen Sportbundes bringt den Anfängern nicht nur Fitness und Koordination bei, sondern auch Konzentration und Sicherheitsregeln. Zum einen sollen die Kinder und Jugendlichen lernen, sich zu beherrschen, vor einem Ziel rechtzeitig abzustoppen, „draufhauen kann jeder“, sagt Lamm. Zum anderen bringt er den Schülern auch bei, wie man sicher durch den Straßenverkehr kommt, oder auch wieso es wichtig ist, die Telefonnummer von zuhause zu wissen. Dazu kommen praktische Verteidigungsmaßnahmen: Zum Beispiel, wie man sich aus einem Schwitzkasten befreit. „Man weiß nie, ob es mal zu einem Gerangel in der Schule kommt“, sagt Lamm.

Jeden Moment das Aus möglich
Doch das alleroberste Gebot heißt: „Jeder Kampf, der nicht passiert, ist ein gewonnener Kampf.“ Dass er dieses Gebot in Edinburgh missachten muss, ist klar, will er seinen Titel verteidigen. Schwer genug wird’s. „An der Weltspitze gibt es keinen großen Leistungsabfall“, sagt Lamm. Im Wettkampfmodus Shubo Ippon kann ein unkonzentrierter Moment das Aus bedeuten, denn ein Kämpfer kann, anders als in anderen Wettkampfmodi, das Duell auch mit einer einzigen Aktion beenden. Kontakt ist erlaubt vom Gürtel bis zum Hals aufwärts. Kopf und Beine sind tabu, Fußfeger dagegen in Ordnung. In Huelva letztes Jahr hat der Nationalmannschafts-Karateka fünf Kämpfe für den Titelgewinn gebraucht, sollte er nach seiner Anreise am Samstag, 23. Oktober, zum medizinischen Check sechs Tage später noch auf der Matte stehen, ist er seiner Titelverteidigung ganz nahe. Seine Unterkunft im Hotel jedenfalls hat er gebucht bis zum Schluss.

von Markus Brenner

© Gmünder Tagespost 21.10.2010  Weitere Infos unter www.karate-ostalb.de